„Lassen Sie sich überraschen", gab Schütt den Besuchern mit auf den weiteren Weg - und tatsächlich: Man kam ins Grübeln, was sich da auf der Bühne alles abspielte. Carsten Dittrich streute zunächst witzige Einlagen ein: Da funktionierte er eine Tischlampe zu einem Fußballspieler um, der sich umständlich den Ball zum Freistoß zurechtlegt und ihn schließlich ins Publikum kickt. Oder er holte lange Spaghetti aus der Tüte, die anschließend mit rhythmischem Takt in einen Topf wanderten. Eine „Baby-Spaghetti" will auch mit, nur die „Großen" lassen sie nicht. Doch dann weden die „Großen" mit heißem Wasser überbrüht - nur das „Baby" draußen bleibt verschont und feixt sich eins. Und während das Trio „All of me" spielte, las er demonstrativ desinteressiert die „Bild"-Zeitung. Er könne schließlich kein Instrument spielen, so seine Begründung hinterher.

Und allmählich begriff man: Hier ging’s ums Brechen von Erwartungshaltungen - etwa die, dass Jazz keinen Spaß machen kann. Jazz ist ja so furchtbar ernsthaft -  da hat man ergeben zu lauschen. Und auch die Musiker selbst klemmten immer wieder die Zunge in die Backe - etwa wenn Michael Bühler köstlich Louis Armstrong imitierte oder in „Wie mein Ahn vor 20 Jahr" aus der Operette „Der Vogelhändler" einen herrlich schlierigen Hans Moser gab. Ansonsten spielten sie ein Repertoire aus Evergreens - gepflegt und versiert.

Nur einer beschwerte sich lautstark. „Ich hab doch ausdrücklich gesagt: Ich will meine Ruhe haben", hörte man plötzlich aus dem Hintergrund jemanden geifern - und heraus platzte Carsten Dittrich  mit seiner Puppe „Baltus Fan-Tassle", einem früheren Regierungsrat, heute Leiche im Verwesungsstadium. Den hatte das „Geplänkel" aus dem Schlaf geweckt - und nun ging’s rund im „Stall": Er erzählte - in Form passender Songs -, wie er zum Nachtgespenst „umgeschult" hat, und beichtete, dass man als Gespenst auch ziemlich einsam sein kann („Kein Schwein ruft mich an"). Einzige Hoffnung: dass es am Ende doch „rote Rosen regnet"...

Da lief Dittrich zu Hochform auf. Und mag er auch kein Instrument spielen können - er hat ja immer noch die Stimme, die seiner Puppe Leben einhaucht. Und was er mit der anstellte, war schon großartig. Und auch hier wieder das Spiel mit den Konventionen: Der Puppenspieler ist mit „im Bild" - und doch sind alle Blicke auf die Puppe gerichtet.

Mit einem besinnlichen „Autumn Leaves" entließen die Akteure die Besucher schließlich in die Nacht. Fazit: Man musste zwar schon ein wenig nachdenken, damit man wusste, worüber man lachte - doch hinterher tat man’s umso herzhafter.

(Mittelbadische Presse, 2008)